Dienstag, 22. November 2016

Zu „Was wissen wir über den ‚Islamischen Staat‘?“ von Dietrich Jung und Klaus Schlichte

Den Islamischen Staat innerpolitisch zu beleuchten, ist eine interessante Sichtweise. Jung und Schlichte analysieren in diesem Artikel, wie der IS organisiert ist und welche Hürden, organisatorischer und legitimations-Art, sie überwinden müssten um ihr Ziel zu erreichen. Die verschiedenen IS-Gruppen und ihr Kontext in den Regionen, in welchen sie Einfluss haben, werden angeschnitten und suggerieren, dass der IS nicht wirklich einheitlich operiert, sondern stark an regionale Einflussmöglichkeiten gebunden ist und es dadurch zu Interessenskonflikten kommen kann, die in Abspaltungen der Untergruppen vom IS enden können.

Die Rolle der der Medien und ihre Berichterstattung über den IS wird als wichtiger Punkt kurz erwähnt, aber leider nicht genauer ausgeführt. Daher ist über die Bedeutung der Berichterstattung für den IS nur wenig zu erfahren.

Gut fand ich, dass erläutert wurde, wie sich militärische Angriffsaktionen positiv für den IS auswirken können und ihn als „Widerstandskämpf“ legitimieren. Dies treibt weitere Anhänger in die Arme des IS. Auch erhält der IS in einigen Regionen Organisationsstrukturen aufrecht, die ihnen einen Zuspruch von der Bevölkerung vor Ort geben können. Daher sehen Jung und Schlichte eine Lösung für den Umgang mit dieser Organisation eher in einer engen Zusammenarbeit mit Verwaltungsstrukturen in den betroffenen Regionen als in militärischen Interventionsaktionen.


Quelle:

Jung, D./ Schlichte, K.: Was wissen wir über den „Islamischen Staat“? In: Wissenschaft &Frieden 3/2016, 21-24

Mittwoch, 16. November 2016

Zu „Der Nahe Osten – Terrorismus und politische Gewalt“ von Jochen Hippler

In diesem Artikel macht Hippler deutlich, dass Terrorismus eine Unterkategorie von politischer Gewalt ist mit der besonderen Eigenschaft, dass sie sich gegen die Zivilbevölkerung richtet, was auch Staaten als terroristische Akteure einschließen würde. Er erläutert den Begriff „Terrorismus“, auch als „politischen Kampfbegriff“, und zeigt auch andere Formen der politischen Gewalt auf.

Auch war es eine neue Perspektive für mich, die politischen Fehlentscheidungen in Palästina (im Kapitel "Palästina als Schlüsselfaktor") und die Unterdrückung seiner Bevölkerung als Symbol der Unterdrückung von Moslems im Nahen Osten allgemein zu betrachten. Hippler zeigt auf, dass nicht die Kultur oder Religion die Quelle terroristischer Gewalttaten ist, sondern die Aussichtslosigkeit, sich aus schlechten Umständen sozio-politischer Natur zu befreien, da dies die einzige Alternative ist, die gegen einen militärisch weit überlegenen Gegner Wirksamkeit zeigt.

Auch der Abschnitt, dass islamistischer Terrorismus im Vergleich zu internationalen Terrorismus weniger bedeutsam ist, und letzteres eine viel größere Rolle in der Politik einnehmen müsste, ist erwähnenswert. Dennoch liegt der Fokus stark auf islamistischem Terror. Man muss aber auch erwähnen, dass der Artikel von 2007 stammt, als der IS noch nicht so weit verbreitet war wie heute. Daher müsste man den heutigen Stand prüfen, ob der islamistische Terror in der Statistik des Terrors weltweit gleich geblieben ist, oder mittlerweile einen signifikant größeren Prozentanteil eingenommen hat.

Zu bedenken, finde ich allerdings, dass die Statistiken von US-Institutionen gemacht wurden, sodass die Frage besteht, ob militärische Aktionen der USA (wie heute beispielsweise der Drohnenkrieg, der zum Großteil zivile Opfer fordert) auch in die Statistik der Terroraktionen weltweit mitberücksichtigt wurden und werden.


Quelle:

Hippler, J.: Der Nahe und Mittlere Osten – Terrorismus und Gewalt. In: ders. (Hrsg.): Von Marokko bis Afghanistan – Krieg und Frieden im Nahen und Mittleren Osten, Hamburg 2007, 161-178; http://www.jochenhippler.de/Naher_Osten_Terrorismus.pdf

Zu „Warum in Gottes Namen“ von Jens Alber

Albers Artikel macht deutlich, dass es im Nahen Osten - anders als in der westlichen Welt - keine Aufklärung gab und führt dies als einer der Gründe auf, warum der islamistische Terror fruchten konnte. Es werden viele Vergleiche gemacht und Unterschiede zwischen dem Westen und dem Nahen Osten gezeigt. Interessant war der Vergleich mit den Gewalt-lastigen Zitaten im Koran und der Bibel. Hinsichtlich der sozio-politischen Unterschiede bezeichnet Alber die westliche Welt als „frei“, erläutert aber nicht, was das bedeutet. Wie äußert sich das, oder ist das nur eine Behauptung? Sind die Menschen in der westlichen Welt tatsächlich frei?

Interessant war der Abschnitt, in dem Alber aufzeigt, wie Statistiken so ausgelegt werden können, dass sie der eigenen Sache dienlich sind. Daher sollte man immer vorsichtig sein, wer die Statistik erhoben hat und zu welchem Zweck.

So wie ich es verstanden habe, fordert Alber am Ende des Artikels Moslems dazu auf, sich deutlich und öffentlich von dem terroristischen Islam zu distanzieren, um eine „Mittelposition“ aufzuzeigen. Da frage ich mich aber, warum die Verantwortung sich zu distanzieren an Menschen abgegeben wird, die mit den Gewalttätern nichts zu tun haben. Viel hilfreicher wäre es doch - meiner Meinung nach - die Medien aufzufordern, Unterschiede klarer darzustellen und in der Berichterstattung sowie den Talkshows nicht ständige schwarz-weiß-Kategorien zu präsentieren, sondern sich der Komplexität des Themas anzunehmen und diese angemessen darzustellen. Dann würde sich eine Mittelposition von ganz alleine einstellen.


Quelle:

Alber, J.: Islam und Terror. Warum nur in Gottes Namen. In: FAZ vom 13.01.2015; http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/islam-und-terror-warum-nur-in-gottes-namen-13366177-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Mittwoch, 9. November 2016

Zu „Politischer Islam: Eine Geschichte der Radikalisierung“ von Adrian Paukstat

Der Artikel erläutert wichtige Begriffe und deren Bedeutung, wie beispielsweise „Salafismus“ oder „Dschihad“, sowie deren Zusammenhang mit Islam und Islamismus. Auch politische und soziale Bewegungen in der arabischen Welt werden aufgegriffen und in Kontext gesetzt. Mir hat der Artikel eine Differenzierung dieser Begriffe verdeutlicht. Auch war es interessant zu erfahren wie verflochten die verschiedenen islamischen Religionsschulen, die Ideologien, die sozialen und geschichtlichen Umstände, und die politischen Ereignisse untereinander sind. Es ist schwierig den Überblick zu behalten, wenn es so viele Verflechtungen gibt, denn man neigt der Einfachheit halber dazu, Begriffe miteinander zu synonymisieren, was auch in der Berichterstattung der Medien deutlich wird, wo sehr wenig zwischen Begriffen differenziert wird. Paukstat zeigt wie komplex die Zusammenhänge sind und plädiert damit beim Thema „politischer Islam“ genauer zu differenzieren.


Quelle:

Paukstat, A.: Politischer Islam. Eine Geschichte der Radikalisierung. In: Wissenschaft &Frieden 3/2016, 6-9